In die Natur gehen

„Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit, und die ist grün.“ (Hildegard von Bingen, 1098 bis 1179)

Ich habe mich immer gerne in der Natur aufgehalten und ein Campingurlaub war und ist für mich immer viel heilsamer als ein Urlaub mit einer Unterkunft in einem Hotel! Warum? Weil ich die Freiheit fühle und in mir spüre, die die Weite der Natur in mein Wesen einfließen lässt.
Das Rauschen der Blätter im Wind, das Summen der Fliegen und Bienen in der sonnendurchfluteten Hitze eines Sommertages, der sanfte Regen, der die Erde und jedes auf ihr lebende Geschöpf  erquickt, labt und nährt, der erste Schneefall, der die Welt leise macht und sich wie eine weiche, weiße Daunendecke auf alles legt und uns für kurze Momente erinnert an Frieden und die Stille in uns…….wenn wir uns die Zeit nehmen, diese Eindrücke in uns aufzunehmen.

Als ich an Krebs erkrankte , nützte ich sehr oft die Zeit, die mir durch meine plötzliche Untätigkeit zur Verfügung stand, hervorgerufen durch meine Operation und die anschließende Rekonvaleszenz,  Spaziergänge zu unternehmen. Nicht weit von meiner Wohnung entfernt gibt es einen Schloßpark, der wunderschön gepflegt wird und in dem es Baumriesen gibt, von denen ganz viele zu Naturdenkmälern zählen. Ein paar dieser Bäume tragen an ihren Ästen oder ihren Stämmen Entartungen, die wie Krebsgeschwüre aussehen und wahrscheinlich sind sie es auch. Aber diese Bäume leben nun schon seit mehreren hundert Jahren mit ihren Anhängseln, trotzen Wind und Wetter und erfreuen die Besucher des Parks mit ihrer Schönheit, ihrer Kraft und und ihrem Sein. Als ich diese Bäume sah, war es wie eine stumme Botschaft, die sie mir ins Herz schrieben:
Habe Vertrauen, bleibe gelassen und sei im Fluss des Lebens. Die Natur ist nie gegen dich, sondern immer mit dir!“

Jedes Mal, wenn ich mich zu einem Besuch in diesen Park aufmache, lege ich meine Hände auf die rissige Rinde dieser Bäume und verbinde mich mit ihnen und bin ihnen so unendlich dankbar, dass sie mir in einer meiner schwersten Zeiten einen Weg gezeigt haben, wie ich mit einer Situation umgehen kann, die mich anfänglich zurtiefst belastet und erschreckt hat.
Ein Baum ist mein besonderer Freund geworden. Er trägt eine große, schwere Krebslast an seinem langen Ast. Einen Ast, den er gar nicht mehr in den Himmel strecken kann sondern am Boden ablegen muss ob seiner Länge und Schwere.
Immer, wenn ich diesen Freund besuche, lege ich meine Hände auf seine Rinde, bleibe ganz still an seinen Stamm gelehnt stehen und warte………..und nach einer geraumen Zeit, wenn sich mein Atem beruhigt hat, spüre ich den Atem dieses Geschöpfes.
Ein langes, weites, umfassendes Einatmen und damit verbunden ein Ausdehnen seines Stammes….  und dann ein genau so langes Ausatmen.. Ich versuche, meinen Atem ganz flach werden zu lassen, um diese enorme Kraft zu spüren, die sich fast ins Unermessliche auzubreiten scheint, um sich dann wieder zusammenzuziehen.
Welch ein Geschenk!

Nicht immer konnte ich dem Ruf der Bäume folgen. Aber immer wieder und besonders in Zeiten, in denen ich Entscheidungen treffen musste, zog ich mich in die Ruhe und Einsamkeit der Natur und des Waldes zurück und konnte so der Stimme meiner Seele lauschen. Es ist so wichtig, den Alltagslärm hinter dir zu lassen, denn nur wenn dir das gelingt, bist du offen für neue  Eindrücke und den Klang des Universums.

Mehrere Male habe ich mich auf Pilgerreise begeben, aber nicht um wichtige Entscheidungen zu fällen. Nein! Lösungen, für Fragen, die mich plagten, hatte ich immer schon vorher gefunden. Aber der Franziskusweg, der von Florenz über Assisi nach Rom führt, hat mir immer die innere Ruhe und den Frieden wiedergeschenkt, wenn ich aus meiner Mitte gekommen war. Ich bin nie die ganze Strecke gegangen, aber Teile davon habe ich bewältigt und Teile davon werde ich noch in Angriff nehmen. Gibt es doch wunderbare Plätze auf dieser Strecke. Der heilige Franz hat immer die Natur als seine Kathedrale bezeichnet und fühlte sich unter freiem Himmel Gott viel näher als in einem gemauerten Gebäude, sollte es auch noch so schön sein.

Mir geht es gleich! Auch ich spüre mein Herz weit werden und fühle die Dankbarkeit über diese großartige Schöpfung von der auch ich ein Teil bin.

 

„Heute wissen wir, dass ein gesundes Immunsystem der Schlüssel für Gesundheit ist. In Japan hat man schon im Jahre 1982 erkannt, dass das Einatmen der Waldatmosphäre eine zielbringende Methode ist, um Krankheiten vorzubeugen oder sie gar zu heilen. Denn im Wald triff das kommunikationsfähige Immunsystem des Menschen auf die kommunizierenden Pflanzen. In Japan wurde eine Tradition entwickelt, die sich Shinrin-yoku nennt und übersetzt „Waldbaden“ bedeutet.
Seit dem Jahre 2012 gibt es in diesem fortschrittlichen Land einen eigenen medizinischen Forschungszweig, „Forest Medicin“ oder  „Waldmedizin“ genannt.

Forscher haben festgestellt, dass durch das Einatmen von Waldluft die Anzahl der natürlichen Killerzellen im Blut ansteigt und dass sie sich nicht nur vermehren sondern auch aktiver werden. Und diese erhöhte Aktivität der Killerzellen hält auch noch Tage nach einem Waldaufenthalt an. Denn wenn man die Luft im Wald einatmet, dann atmet man einen Cocktail aus bioaktiven Substanzen ein, die von Pflanzen an die Waldluft abgegeben werden. Darunter befinden sich auch die Terpene, die man auch als „Anti-Krebs-Terpene“ bezeichnen kann, da sie bewirken, dass die entarteten Zellen, die ja vergessen haben, den Zelltod zu sterben und „munter“ vor sich hin wuchern, sich wieder daran erinnern, und so durch den Aufenthalt in Waldluft absterben. Denn Krebs beginnt ja mit einer abnormen Zelle, die sich für unsterblich hält.

Förderlich ist es, um den heilsamen Effekt dieser Terpene in die Zellen zu integrieren, sich mindestens zwei Stunden im Wald aufzuhalten und in dieser Zeit ungefähr 2,5 km zu gehen,
sich einen Platz im Wald zu suchen, um auszuruhen und sich zu entspannen und zu genießen!
Aus dem Buch „Der Biophelia Effekt“ von Clemens G. Arvay (sehr informativ und lesenswert)

Ich glaube, dass, egal wo du dich aufhältst, sei es im Wald, am Meer, bei einem See oder Teich, auf dem Berg oder in einer Wiese, die Natur entfaltet ihre Heilkräfte überall und beschenkt uns mit ihrem Reichtum und mit ihrer Pracht.

 

Lausche dem Geräusch der Vögel im Frühling,
dem der Zikaden im Sommer,
dem der Insekten im Herbst und
dem des Schnees im Winter-
Wer das tut,
hat nicht umsonst gelebt.“
(Chang Ch‘ ao)