So viel Liebe!!
Sie ist meine Mutter, sie hat mich einmal in ihren Armen gewiegt, mir zu Beginn meines Lebens all das gegeben, was ein werdender Mensch braucht: Geborgenheit, Sicherheit, Nahrung, Zärtlichkeit und ihre uneingeschränkte Liebe.
Jetzt ist es an mir, ihr all das zurückzugeben. Beinahe zwei mal hätten wir meine Mutter nach ihrem Schlaganfall im Jänner in den letzten Monaten verloren. Zweimal bekam sie die letzte Ölung und immer wieder hat sie sich erholt und ist wieder zu uns Lebenden zurückgekehrt.
Es ist so traurig, mit ansehen zu müssen, dass die letzte Zeit meiner geliebten Mutter auf Erden so schwer ist. Sie wurde ihrer Freiheit beraubt, weil sie ihre linke Seite nicht bewegen kann und das wird sich auch in den kommenden Monaten nicht mehr ändern. Sie, die so gerne gelesen hatte, kann nicht mehr lesen, weil die Buchstaben im Kopf nicht mehr zueinander finden. Und sie hat auch ihre Sprache verloren und nur mehr marginal wiedergefunden.
Wenn sie so geduldig und – Gott/Göttin – ergeben in ihrem Bett liegt, total darauf angewiesen , dass ihr andere Menschen helfen, sei es das Pflegepersonal vom Heim oder wir als ihre Familie, dann kann ich in ihren schönen graugrünen Augen mit bernsteinfarbenen Sprenkeln lesen, wie sehr traurig und betrübt sie über diesen, ihren Zustand ist.
Meine Mutter bekommt die ganze Tragweite ihrer Erkrankung mit und das spiegelt sich in Ihrem leidvollen Blick wider. Ihr Lächeln ist aus ihrem Gesicht fast vollständig verschwunden.
Und wie wenn sich ein Kreis schließt, den sie als Mutter für mich, als ihr Kind, vor vielen Jahrzehnten eröffnet hat, so ist es nun an mir, diesen Kreis zu vollenden. Ich empfinde so viel Liebe für sie! Ich habe meine Mutter immer geliebt, aber jetzt ist es eine andere Liebe. Sie beinhaltet unendlich viel Zuneigung, Wärme und Fürsorge und diese fließt aus meinem Herzen in meine Hände……. aber die Möglichkeiten sind begrenzt.
Ich kann ihr ihr Schicksal nur erleichtern, indem ich da bin, sie streichle, ihr vorsinge, ihr vorlese und ihre alten Hände halte, aber abnehmen kann ich es ihr nicht. Und das wäre auch nicht im Sinne ihres Lebensplanes.
Ich glaube, dass meine Mutter (so wie jeder von uns) in einer Zeit, bevor sie in dieses Leben kam, ihren Weg ganz bewusst gewählt hat, um das in diesem Leben zu erreichen, was sie sich als Aufgabe gestellt hat. Und dazu gehört auch diese belastete Zeit mit all ihren Mühen und Einschränkungen.
Diese Ansicht ändert zwar nichts an der Tatsache, dass sie ein schweres Schicksal zu tragen hat, aber sie ist auch jetzt noch die Königin in ihrem Universum und nicht das Opfer.
Meine liebe Mutter ist die Schöpferin ihres Lebens und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass sie sich für ihren Übergang in eine neue Dimension einen ruhigen, sanften Schlaf gewählt hat, begleitet und geführt von ihrem Schutzengel und ihren Geisthelfern. Aber ich bete zu meinen Helfern, dass uns unsere Mutter noch ein Weilchen geschenkt wird, so lange dieses Leben für sie noch ein Fünkchen erträglich und lebenswert ist.
Göttin Mutter, Gott Vater,
in eure Hände
sei Anfang und Ende,
sei alles gelegt!
Amen