2015

Was war das für ein Jänner?!! Zu Silvester im alten Jahr schrieb ich noch in mein Tagebuch, dass ich voll Vertrauen und Zuversicht ins neue Jahr blicke.

Am 2. Jänner ist ganz unererwartet und plötzlich meine liebe Schwiegermutter gestorben. Wir waren alle sehr geschockt.  Edgar und ich besuchten sie noch am 31. Dezember  und wünschten ihr alles Gute fürs neue Jahr. Edgar ist sogar (jetzt im Nachhinein gesehen Gott/Göttin sei´s gelobt) am Nachmittag des 2. Jänner mit ihr spazieren gegangen und 2 Stunden später gab es sie nicht mehr in dieser Form, die man körperliches Leben nennt.

 

Kontrolluntersuchung, 20. Jänner

Sie stand wieder an, die jährliche Untersuchung in Linz! Meine Schwiegermutter hatten wir inzwischen zu Grabe getragen und jetzt, die nächste Herausforderung! Aber mit dieser war ich ja schon das ganze vergangene Jahr „schwanger gegangen“!
Nach der MR Untersuchung hatte ich wieder die Befundbesprechung – diesmal saß  ein fremder Arzt mir gegenüber. Ich wunderte mich, wurde ich bis jetzt doch immer vom Leiter des Brustkompetzenzzentrums behandelt. Dieser kannte mich und auch meine ganze Krankengeschichte und ich fühlte mich bei ihm gut aufgehoben und auch verstanden.

Nun gut! „Wahrscheinlich hat er einen dringenden Fall“ dachte ich mir! Dieser mir unbekannte Arzt teilte mir sehr nüchtern mit, dass sich seit der vergangenen Untersuchung nichts verändert habe, dieses „öminöse Etwas“ zwar da sei, aber sich nicht vergrößert habe und dass das auch in Zukunft so sein werde. Ich brauche also nicht mehr nach Linz zur Untersuchung kommen!!!!
All das teilte er mir mehr als emotionslos mit.
Mein Mann und ich, wir konnten es nicht fassen. Was für eine positive Botschaft! Auf meine Frage hin, „dann bin ich also gesund ?“, schwieg er! Es war keine irgendwie geartete Information aus ihm heraus zu bekommen. Wir verließen freudestrahlend die Klinik und es fühlte sich wunderbar gut an zu wissen, dass sich in meinem Körper nichts zum Negativen verändert hatte und dass die langen Linzfahrten in Zukunft ausbleiben würden.

Meiner ganzen Familie teilte ich schon bei der Heimfahrt diese freudige Nachricht mit, hatten sie doch alle in banger Erwartung gehofft, dass ich mich, so bald als möglich, telefonisch melden würde.
Alle waren glücklich und zufrieden! Bei mir selbst aber blieb nach der ersten Euphorie ein unsicheres, schales Gefühl zurück, welches ich mir nicht erklären konnte. Nach der anfänglichen Freude fiel ich in ein graues Loch!

Ich konnte nicht einmal mit meinem Mann darüber sprechen, denn dann hätte ich ihm seine ganze Erleichterung genommen und das wollte ich nicht. Ich konnte mir meinen psychischen Zustand selbst nicht erklären.
Ich beruhigte mich, indem ich mir einredete, dass ich etwas, das schon zur vertrauten Gewohnheit gewordenen war, jetzt loslassen müsse. Das sei vergleichbar mit Eltern, deren Kinder flügge werden und die sich damit arrangieren müssen, dass die Wohnung nun leer sei.
Ich redete mir dann selbst gut zu. „Sei doch nicht so undankbar, freue dich doch und und nimm es als das, was es ist – eine große Gnade!“

Bevor ich am 20. Jänner nach Linz gefahren war, hatte ich wieder eine Oberbauchsonographie machen lassen kombiniert mit einem Lungenröntgen, um sicher zu sein, dass sich nicht innerhalb eines Jahres in meinem Körper Metastasen gebildet hatten. Keine Metastasen!!! Alles in Ordnung!!. Diesen Befund brachte ich auch nach Linz mit.

Ich hätte also wirklich jeden Grund haben können, mich zu entspannen und mit den Ergebnissen der Untersuchungen im Jänner zufrieden sein zu können. Nach aussen hin war ich das auch, aber mein Gefühl sagte mir etwas anderes.

Als dann 3 Wochen später der Arztbrief ins Haus flatterte war ich nicht nur erstaunt über den Inhalt sondern gelinde gesagt entsetzt! Man hatte mich ganz einfach aus dem System geworfen, sei ich doch so eine unkooperative Patientin, nehme keine Vorschläge von Seiten der Ärzte an, bringe keine anderweitigen Untersuchungsbefunde mit und stimme auch nicht zu, dass meine Daten gemeldet werden.

Das war es also. Man wollte das Geld sparen, welches eine kernspinntomographische  Darstellung der Brust ( MRT) kostet, da ich sowieso immer nur zur Untersuchung komme, aber keinen therapeutischen Vorschlägen zustimmen würde. Diese Vorschläge waren ja schon vor mehr als zwei Jahr gefallen, als man mir riet, mich opererieren zu lassen, um mein „ominöses Etwas“ zu untersuchen. Und so gesehen war der Arztbrief richtig, denn das hatte ich ja schon zwei Mal abgelehnt……, aber alle anderen Vorwürfe waren nicht richtig.

So gesehen bin ich eben eine Patientin, die nicht der Norm entspricht und das ist ja nichts Neues! Revolutionäre werden immer gebraucht und ich kann nicht gegen meine innere Überzeugung handeln, wenn mein Herz und meine Seele mir etwas anderes sagen.

Mein homöopathischer Arzt in der Schweiz riet mir, nachdem ich ihm den Inhalt des Arztbriefes gemailt hatte, dass ich meinem behandelnden Arzt in Linz einen Brief schreiben solle, in welchem ich Stellung beziehen solle zu den Vorwürfen. Er meinte auch, ich solle in dem Schreiben darauf hinweisen, dass ich als Tumorpatientin ein Recht auf normale Verlaufskontrollen habe und vor allem riet er mir, meine gefühlsmäßige Verfassung in diesen Brief hineinzuschreiben.
Anfänglich war ich noch dazu bereit, mich hinzusetzen und meine Gemütslage und meinen Ärger in diesen Brief zu verpacken, aber je mehr Zeit verging und je länger ich über all das nachdenken konnte, desto weniger verspürte ich das Bedürfnis, mich mit dem Arzt und dem ganzen System auf diese Art und Weise auseinanderzusetzen. Ich betrachte mich als friedvolle Kriegerin. Auf Biegen und Brechen etwas zu fordern, was man mir partout nicht geben will , das ist nicht meine Art.
Und so ließ ich es bleiben.

Ich weiß nicht, ob es die emotionalen Strapazen der Herausforderungen im Jänner waren oder ob es ein Infekt war, weil zur selben Zeit Graz gerade von einer Grippewelle überrollt wurde, Tatsache war, dass mein Immunsystem sicher sehr angegriffen war. Und so bekam ich 3 Tage, nachdem wir von Linz nach Hause gekommen waren eine Megagrippe. Ich hatte mehrer Tage lang fast durchgehend 39 Grad Fieber, bekam dann einen mordsmässigen Husten dazu, der mich so arg plagte, dass  durch den ständigen Hustenreiz und das lange Liegen im Bett mein Rücken vollkommen überlastetet war und ich jetzt zusätzlich zu all den Grippesymptomen auch noch sehr arge Rückenschmerzen hatte.
Als ich dann so recht und schlecht wieder halbwegs gesund war, musste die Wohnung  meiner Schwiegermutter aufgelöst und ausgeräumt werden. Das war eine Anstrengung von einer ganzen Woche, 12 Stunden am Tag.
Ich arbeitete brav wie ein Roboter jeden Tag vom Morgen bis zum Abend in der Wohnung und war nach dieser Woche mit meinen Resourcen, mit meiner Energie und überhaupt mit meiner körperlichen Kraft am Ende.
Aber nicht einmal im entferntesten wäre mir eingefallen zu sagen, dass mir das alles zu viel sei und dass ich nach so einer schweren Grippe nicht so stark belastet werden dürfe! Nein, damals war ich noch nicht so weit. Ich dachte zwar, dass ich gut auf mich schauen würde und vieles in meinem Leben anders gemacht hätte als noch Jahre zuvor, aber im Endeffekt war doch alles beim Alten geblieben. Das waren nur leere Worte und hohle Gedanken in meinem Kopf.
Ich hatte so gut wie gar nichts verändert, sondern war nach anfänglichen Erfolgen doch wieder im „Hamsterrad“ gefangen und lief meine Runden, so wie man es von mir erwartete.

Und so verging das ganze Jahr mit Höhen und auch Tiefen, vielen schönen Augenblicken aber auch manchen anstrengenden und fordernden Momenten.
Ich hatte wunderschöne Zeiten mit meinen Enkelkindern und auch einen herrlichen Sardinienurlaub mit meinem Mann, aber NEIN zu sagen zu Situationen, die mich überforderten oder meine körperlichen und psychischen Grenzen überschritten, das habe ich in diesem Jahr mehr als einmal verabsäumt.

Irgendwann Ende November wurde ich wieder krank. Mein Immunsystem war wirklich nicht das Allerbeste!
Wenn man selbst nicht so gescheit ist, sich Ruhe zu gönnen, wenn der Körper diese braucht, dann holt er sich die Ruhe über eine Krankheit.  Und so war es auch bei mir. Ich lag wieder einmal eine Woche im Bett, eine zweite Woche fühlte ich mich noch angeschlagen, und erst nach der dritten Wochen fühlte ich mich dann endlich wieder gesund. Fast der ganze Advent wurde beherrscht von meinem grippalen Infekt und eine Zeit, die die stillste Zeit des Jahres sein sollte, war für mich anstrengend, erschöpfend und sehr fordernd für meinen Körper aber auch für meine Psyche.

Als ich dann in einer meiner Ruhephasen vor dem Fernseher lag, bemerkte ich eine Erhebung unter meinem rechten Schlüsselbein. Immer und immer wieder berührte ich diese Stelle, verglich sie mit der anderen Seite, wog ab und fragte meinen Mann, ob auch er eine Veränderung feststellen könne, in der Hoffnung, dass er meine Zweifel zerstreuen würde. Aber auch er war sich nicht sicher. Es gelang mir zwar immer wieder,  meine ängstlichen Gedanken zur Seite zu schieben und für kurze Zeit auch ganz darauf zu vergessen, aber dann holte mich die Wirklichkeit wieder ein.  Bei all meinen positiven Gedanken blieb doch ein Fünkchen Ungewissheit und Unsicherheit zurück, und so machte ich noch Ende Dezember einen Untersuchungstermin für Anfang Jänner bei meiner Radiologin aus.

Es war ein anstrengendes Jahr!
Ich habe viel zu viel funktioniert und viel zu wenig die Freude gelebt, viel zu wenig das Leben gefeiert und mir VIEL ZU WENIG RUHEPHASEN GEGÖNNT!!!!!